Dauerhafter Erfolg ist keine Glückssache – Zukunft Weinbetrieb sicherstellen

Situation verstehen, Weg bereiten

Der dauerhafte Erfolg eines Weinproduzenten oder eines Weinhändlers hängt gemäss unseren Erkenntnissen davon ab, ob und wie gut die jeweilige Betriebsleitung die erforderlichen Hauptaufgaben umsetzt. Diese stehen deshalb im Zentrum eines Coaching-Angebots, das in Zusammenarbeit mit der Vereinigung Schweizer Weinhandel (VSW) entstanden ist.

Die operativen Tätigkeiten im Weinberg, Keller, Einkauf und Verkauf absorbieren die Verantwortlichen eines Weinbetriebs sehr stark. Die Zeit für die Bereiche Personal, Finanzen und Geschäftsplanung wird deshalb knapp. Gemäss unseren Beobachtungen fehlt sie insbesondere dafür, den Überblick über den Markt, die Kunden, die Konkurrenz, im Unternehmen und im Kundenstamm zu behalten, um die richtigen Entscheidungen für den Markterfolg und die Lebensfähigkeit des Unternehmens zu fällen. Dieser Balanceakt gelingt, wie das Coaching-Angebot «Erfolg im Weinbetrieb dauerhaft sicherstellen» zeigt. Es wird von Thomas Schnetzer Consulting umgesetzt. 

Zielgruppen auf Identität des Weinbetriebs abstimmen.

Es soll die Weinbranche in ihren zahlreichen Aufgaben zielgerichtet zu unterstützen und den Schlüsselpersonen die Führung und Steuerung des Unternehmens erleichtern. Es sieht eine individuelle Betreuung von Weinproduzenten und -händlern vor, da sich die Gegebenheiten in den einzelnen Weingütern voneinander unterscheiden. Mögliche Ansatzpunkte des Angebots zeigt die Abbildung 1. Gestartet wird überwiegend mit einer Standortbestimmung. Sie verhilft den Schlüsselpersonen, das Unternehmen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten sowie die wichtigsten Handlungsfelder und die ersten Massnahmen zu definieren.

Olivier Savoy, Geschäftsführer der VSW, erklärt: «Bei aller Liebe zur Natur und zum Rebberg, bei aller Hingabe für den Wein: Es geht schliesslich um eine wirtschaftliche Tätigkeit, bei der eben dieser Wein vermarktet und damit an den Kunden und an die Kundin gebracht wird. So charmant auch immer die Sicht aus dem Rebberg sein mag: Entscheidend für diese wirtschaftliche Tätigkeit ist, für sein Tun und Handeln auch die Perspektive des Marktes einzunehmen.»

 

Wünsche und Bedürfnisse der Kunden kennenlernen

 Als Weinproduzent und -händler liegen einem die eigenen Produkte am Herzen. Der schockartige Wegfall der Absatzkanäle Horeca (Hotel/Restaurant/Catering oder Café) und Events während der Pandemie sowie die Veränderung des Konsum- und des Kaufverhaltens des Endkunden haben uns klar vor Augen geführt, dass nicht das Produkt an sich den Umsatz macht, sondern die Konsumenten und Wiederverkäufer. Denn sie beeinflussen den wirtschaftlichen Erfolg des Produzenten, indem sie sich für ihn oder seine Konkurrenz entscheiden.

Wer sich für die Zusammenhänge im Markt und die Kunden interessiert und in die Geschäftsführung laufend integriert, verkauft seine Weine dauerhaft mit Erfolg. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, seine Kunden kennenzulernen. Man kann eigene systematische Befragungen durchführen oder die «Studie zum Schweizer Weinmarkt 2021» von Swiss Wine Promotion (SWP) über den Konsum- und die Kaufgewohnheiten zur Hand nehmen. Aussagekräftig ist zudem die regelmässige Analyse des eigenen Kundenstamms:

  • Welche Weine werden von den bestehenden Kunden geschätzt, welche weniger?
  • Welche Zielgruppen befinden sich im Kundenstamm?

Allen Kunden zu genügen, ist fast unmöglich. Denn je nach deren Persönlichkeiten reichen die Motive beim Weinkauf vom Genuss über Neues entdecken und Image bis hin zum Preis. Als Weinproduzent in der Schweiz wird es schwierig, gleichzeitig hohe Qualität zu einem tiefen Preis herzstellen. Es stellt sich deshalb die Frage: «Für welche Konsumenten beziehungsweise Zielgruppen wollen und können wir produzieren? Mit welchen identifizieren wir uns?»

Potenziale in Rebberg und Keller erkennen

Bei der Begleitung von Weinproduzenten erkennen diese kontinuierlich Verbesserungspotenziale im Rebberg und Keller. Dabei geht insbesondere um die Steigerung der Erlebnisqualität im Kaufprozess des Kunden und beim Konsum, die Optimierung der Kosten und die Aneignung neuer Fähigkeiten. Was in die Flaschen gelangt, soll dem Erzeuger wettbewerbsfähige Preise ermöglichen und die ausgewählten Zielgruppen begeistern.

Was ist in der Produktion überhaupt möglich? Die Gedankengänge hinsichtlich Qualität beginnen naturgemäss an der Basis, dem Rebberg. Er kann nicht einfach von heute auf morgen mit interessanteren Klonen oder Rebsorten bepflanzt werden. Die Herausforderung liegt somit darin, die gegenseitigen Beziehungen der verschiedenen Einflussfaktoren zu verstehen: Boden, Mikroklima, Rebsorte und Klon, Unterlage, Erziehungssystem sowie Bearbeitung. Was kann gesteuert resp. ausgereizt werden, um die gewünschte Traubenqualität zu erzielen? Das Angebot des VSW sieht vor, diese qualitative Analyse im Keller fortzusetzen betreffend Infrastruktur, Methoden und Kompetenzen.

Rentabilität sicherstellen

Das Thema Kostenoptimierung steht ebenfalls im Fokus. Eine gesunde finanzielle Basis erlaubt Investitionen in Veränderungen und Innovation. Die Kenntnis der Kosten und der Preise der direkten Konkurrenten bilden die Basis der eigenen Preisgestaltung, sei es für den Konsumenten oder den Wiederverkäufer.

«Der Weinproduzent muss die Gesamtsicht auf die Rentabilität mit allen Einflussfaktoren behalten und die Kosten im Griff haben», erklärt Sieghard Vaja, ehemaliger Geschäftsführer des Weinbauzentrums Wädenswil, in einem Gespräch. Zu den kritischen Kosten in der Schweiz zählt er den Personalaufwand sowohl im produktiven wie administrativen Bereich. «Eine ganzheitliche Analyse beleuchtet die Situation präzise, deckt die Handlungsfelder auf und lässt wirksame Massnahmen ableiten.»

Produkte gemäss Potenzialen und Nachfrage

Die Wahl der Zielgruppen, die man mit Produkten und Dienstleistungen bedienen will, hängt wie erwähnt von internen und externen Erfolgsfaktoren ab. Zu den internen zählen die Rebberge, die Kellerei, die Fähigkeiten sowie die Identität und die Kultur des Betriebs. Auch ein Händler sollte die entsprechenden Einflussfaktoren der Lieferanten kennen, damit er bei Bedarf über neue Weinprofile diskutieren und diese einleiten kann.

Jede Zeit hat ihre Vorlieben. Vor einigen Jahren waren es die reichhaltigen Weine, die erfahrungsgemäss noch heute bestimmte Zielgruppen begeistern. In der Schweiz galt: je mehr Oechsle, desto besser. Die Veränderung des heutigen und künftigen Konsumenten von Schweizer Weinen läuft weiter und spielt für die Erzeuger eine zentrale Rolle. Die Weinkonsumenten kaufen Wein vermehrt spontan aus Lust oder wegen eines bestimmten Anlasses. Diese wünschen sich trinkbereite und erlebnisreiche Weine. Hinzu kommt der moderate Alkoholgehalt aus gesundheitlichen Gründen.

Im Team des Weinbetriebs gilt es deshalb zu erkunden…

  • welche Weinprofile sich die relevanten Konsumentensegmente und Wiederverkäufer wünschen,
  • was mit der eigenen Identität vereinbar ist und
  • welche Vorkehrungen im Rebberg und Keller getroffen werden müssen, um die gewünschte Erlebnisqualität zu erzeugen.

Man muss ja nicht gleich alles auf den Kopf stellen und kann in kleinen Schritten neue Verfahren testen.

Innovationsprozess

Der tiefere Alkoholgehalt, der heute vor allem von jungen Konsumenten zunehmend gewünscht wird, bedeutet für die Produktion ein Spagat zwischen Kundenerwartungen und Klimaerwärmung und erfordert einen kontinuierlichen Innovationsprozess, der kurze Entwicklungszeiten für neue und geänderte Produkte ermöglicht. Dabei dürfen die Weine der Konkurrenz als Orientierung nicht vergessen gehen, die die bestehenden und künftigen Kunden trinken.

Ansonsten kommt der Innovationsprozess einem Blindflug gleich. Die Weintrinker machen diesen Vergleich naturgemäss laufend. Im Coaching-Angebot erweisen sich Blinddegustationen als sehr hilfreich, bei denen die eigenen Weine mit jenen der direkten Konkurrenz verglichen und positioniert werden. Dabei entstehen auch Soll-Profile und – je nach Wunsch – werden zusammen mit beigezogenen Oenologen entsprechende Methoden im Rebberg und Keller entwickelt.

Innovation ist alles andere als einfach, auch aus psychologischer Sicht. Es gilt sich einzugestehen, dass man nicht alles richtig macht. Leider ist «Fehler machen» in der europäischen Kultur negativ besetzt. Hinzu kommt eine Grundfunktion des Gehirns, das uns aus Energiespargründen lieber in der Komfortzone hält. Veränderungen bieten aber die Chance, den Kunden mehr Freude zu bereiten und diese mit ihnen zu teilen.

 

Proaktiver Verkauf

Betrachten wir uns persönlich einmal als Konsumenten, dann stellen wir beim Kauf von Produkten oder Dienstleistungen ein bestimmtes Vorgehen fest, man spricht vom Kaufprozess. Jeder von uns hat es sicher schon erlebt: Wenn wir uns im Gespräch mit einem Verkäufer oder einer Verkäuferin wohl fühlen, kaufen wir eher und sogar mehr. Erstaunlich ist, dass die meisten Weinbetriebe dieses Phänomen im Direktverkauf und im Aussendienst kaum nutzen.

In den Verkaufslokalen der Weinerzeuger treffen wir immer wieder auf Mitarbeiter, die den Kunden nicht oder aber passiv begleiten. Beim proaktiven Verkauf dagegen identifizieren die Mitarbeiter die Wünsche und Bedürfnisse der einzelnen Kunden und integrieren diese in den Verkaufsprozess. Dies führt zu einer gesteigerten Kauflust und zu Mehrverkauf.

Geplante Ergebnisse erzielen

Bei Weinproduzenten und Händlern stellen wir im Bereich Verkauf immer wieder fest, dass die erforderlichen Ergebnisse nicht systematisch geplant werden. Was heisst diess? Es beginnt mit dem Budget und den daraus abgeleiteten Verkaufszielen bei Privatkunden, Händlern und Horeca. Ein Budget ist bei grösseren Betrieben vorhanden. Doch die Ableitung der Ziele auf die Verkäufer und die Planung der erforderlichen Aktivitäten wie Besuche und Probeflaschen fehlten bei einigen Analysen. Die Rentabilität eines Unternehmens hängt vom Kostenmanagement und der aktiven Beeinflussung des Umsatzes ab. Je nach Grösse des Betriebs gibt es unterschiedliche Lösungen, die individuell ermittelt werden müssen.

Das Angebot steht übrigens allen Weinproduzenten offen; eine Mitgliedschaft beim VSW ist nicht erforderlich.

(Die erste Version dieses Artikel wurde in der „Schweizer Zeitschrift für Obst und Weinbau“ publiziert.)